Die Girocard Abschaffung rückt in greifbare Nähe, immer weniger Banken liefern zum Girokonto eine kostenlose EC-Karte aus. Ein neues Zahlungssystem für Europa, die European Payments Initiative, soll verhindern, dass wir komplett von Mastercard und Visa abhängig werden.
Vor und Nachteile Ende der Girocard
Vorteile Ende der Girocard
- Im Gegensatz zur Girocard werden die Debitkarten, die zunehmend von Banken herausgegeben werden, direkt von VISA und Mastercard betrieben und sind dadurch weltweit an den entsprechenden Automaten einsetzbar.
- Die EPI (European Payments Initiative) soll ein Gegengewicht zu den US-Konzernen bilden, aktuell wird diese in Deutschland vor allem von den Sparkassen und der Deutschen Bank vorangetrieben.
- Durch das Ende der Girocard könnte in Europa also ein ganz neues Zahlungssystem entstehen, dass zu Mastercard, VISA etc. in Konkurrenz tritt.
- UPDATE: Das Projekt der European Payments Initiative wurde in den letzten Jahren immer weiter vorangetrieben und soll ab Mitte 2024 für Verbraucher einsetzbar sein. Mehr dazu im Artikel.
Nachteile Ende der Girocard
- Bereits 2021 wurden Maestro und V-Pay eingestellt. Diese Systeme hatten zuvor dafür gesorgt, dass die klassische EC-Karte auch im Ausland eingesetzt werden konnte. Diese Funktionalität wird, sobald die Gültigkeit Ihrer aktuellen Karte abgelaufen ist, nicht mehr verfügbar sein. Damit werden noch bestehende Girocards in ihrem Nutzen stark beschränkt.
- Immer mehr Banken geben deswegen nur noch Debitkarten von Mastercard und Visa heraus. EC-Karte bzw. Girocards werden gar nicht mehr angeboten oder kosten extra.
- Das EPI Projekt wurde bereits 2020 von 16 europäischen Banken gestartet, wegen hoher Kosten machten aber einige große Banken einen Rückzieher, wodurch sich die Entwicklung verzögert hat.
Update zur EPI
Ein erstes Angebot der EPI ist nun endliche für Kunden verschiedener Banken in Deutschland und Europa verfügbar. Dabei handelt es sich um das Zahlungssystem „Wero„, das in Zukunft zu einer echten Alternative zu Anbietern wie Paypal werden soll.
Bislang sind die Einsatzmöglichkeiten von Wero noch relativ beschränkt. In erster Linie können Sie mit dem Dienst sehr einfach und innerhalb von wenigen Sekunden zwischen Freunden und Familie Geld überweisen. Dazu brauchen Sie lediglich die Telefonnummer eines Menschen, der auch bei einer der Banken ist, die Wero einsetzen. Die Anzahl der Banken, die Wero anbieten, steigt stetig. Hier können Sie Wero dann direkt in der Banking App aktivieren und nutzen.
Hier finden Sie eine Liste von Banken, bei denen Sie Wero aktuell nutzen können.
Zudem ist eine extra App in Arbeit, mit der Sie Wero in Zukunft nutzen können.
Zwei weitere Ziele für die Zukunft sind, dass:
1. Verbraucher auch nach und nach in Online-Shops und auch an Ladenkassen mit der neuen digitalen Geldbörse Wero bezahlen können.
2. Verbraucher in Zukunft einen digitalen Euro der europäischen Zentralbank als Ergänzung zu Bargeld nutzen können.
Damit sind bei weitem noch nicht alle Ziele des Projekts umgesetzt, offenbar wird es aber in Zukunft tatsächlich eine echte Alternative zu den Angeboten von Fintechs, Visa- und Mastercard geben.
Abschaffung der Girocard
Schon vor einigen Jahren sagte Andreas Schelling, Chef des IT-Dienstleisters der Sparkasse dem Handelsblatt:
„Alle Sparkassen, die heute mit Mastercard kooperieren, werden nach und nach eine Karte herausgeben, die Girocard und eine Mastercard-Debitkarte kombiniert – da bin ich mir ziemlich sicher.“
Anfang der Girocard
Seit den 1980er Jahren gehört die EC-Karte bzw. Girocard bei Banken in Deutschland zum Standard. Wer eine echte Kreditkarte will, musste diese meist separat beantragen.
Besonders in den letzten Jahren hat sich aber nun auch die Debit-Kreditkarte immer mehr verbreitet. Genau wie bei der Girocard wird hier das Geld vom Girokonto abgebucht, es handelt sich also nicht um eine wirkliche Kreditkarte.
Brauchen wir die Girocard?
Dadurch ist zunehmend die Frage aufgekommen, wozu es die Girocard eigentlich noch braucht. Einzig, weil es in Deutschland teils noch Stellen gibt, die nur EC Karten akzeptieren oder bei denen das Abheben mit Debitkarte nicht möglich ist, haben diese noch eine gewisse Relevanz.
Entscheidend war dann noch die Entwicklung der letzten zwei Jahre.
Abhängigkeit von US-Konzernen
Mastercard und Visa haben die Systeme Maestro und V-Pay abgeschafft. Viele Sparkassen hatten zum Beispiel seit jeher mit Mastercard kooperiert, damit ihre EC-Karten das Maestro System nutzen können (zu sehen an dem Maestro Symbol auf den Karten).
Nur so war es möglich, mit EC-Karten auch im Ausland zu bezahlen und Geld abzuheben, da diese durch Maestro an allen Automaten und Zahlungsstellen funktionierten, die auch Mastercard akzeptieren. Mit EC Karte im Ausland bezahlen ist ohne Maestro und V-Pay kaum noch möglich.
Von einigen Seiten wurde sogar der Verdacht geäußert, das Mastercard Maestro abgeschafft hat, um so die Banken in Deutschland praktisch zu zwingen, Mastercard Debitkarten oder Kreditkarten zu nutzen.
Geschichte des EPI Projekt
Das European Payments Initiative Projekt ist tatsächlich schon einige Jahre alt und es sollte damals ein neues Zahlungssystem für Europa etabliert werden. Damit wollte man sich unabhängiger vom amerikanischen Markt machen, sprich von Visa und Mastercard.
Als dann allerdings von Investition von 1,5 Mrd. Euro gesprochen wurde, sind viele der Banken, etwa Commerzbank und DZ Bank, wieder abgesprungen und das Ganze ist mehr oder weniger gestorben.
Und jetzt ist genau diese Abhängigkeitssituation eingetreten.
Mastercard hat sein „Maestro“ System eingestellt, mit dem Girocards auch im Ausland eine Funktion hatten und generell verlieren Girocards immer mehr an Nutzen.
Das bedeutet, aktuell bleiben wirklich nur noch Visa- und Mastercards übrig. Der komplette Zahlungsverkehr in Europa ist dementsprechend zu einem nicht unerheblichen Teil von amerikanischen Konzernen abhängig. Sollte sich das Verhältnis von Europa und den USA irgendwann einmal stark verschlechtern, würde diese Abhängigkeit Europa in eine sehr schwierige Situation bringen.
Nun wurde aber – vermutlich auch genau diesen Gründen – die EPI doch stark vorangetrieben. Aktuell sind wieder 16 Finanzdienstleister involviert und Mitte 2024 sollen die ersten Funktionen für Verbraucher nutzbar sein. Man darf also hoffen, dass die starke Abhängigkeit zu den USA in dieser Richtung in den kommenden Jahren abgemildert wird.
Welche Funktionen soll EPI haben?
Besonders interessant ist natürlich die Frage, welche Funktionen die European Payments Initiative erfüllen soll, wenn es denn fertiggestellt wird.
Die Informationen hierzu sind eher spärlich gesät, man findet im Netz aber die ein oder andere Angabe. Da EPI außerdem eine Alternative zu Mastercard und Visa darstellen soll, sind einige Funktionen besonders wahrscheinlich.
- Transaktionen in einem Geschäft vom Bankkonto des Zahlenden zu dem des Händlers
- Einführung einer EPI Karte zu diesem Zweck, die die Girocard sowie zum Beispiel die französische „Carte Bleue“ ablöst
- Karte soll in physischer wie digitaler Form entwickelt werden
- Bezahlvorgänge durch ein digitales EPI-Wallet sowie instant Payment sollen möglich sein
- P2P, E-Commerce und M-Commerce Transaktionen sollen ermöglich werden
- Mit der EPI Karte sollen auch Geldabhebungen funktionieren
- Eine Mobile App soll per Knopfdruck Übersicht über Finanzen bieten, Konsumentenkredite und Pay-Later Funktionen bereitstellen
Wie hier zu sehen ist, sind das alles Funktionen, die andere Fintechs und Banken in Teilen heute schon bereitstellen. Entscheidender Unterschied ist eben, dass das ganze System in Europa entwickelt und auch von Europa aus verwaltet wird.
Einschätzung der Redaktion nach Mutual-Prinzip
In unserer Redaktion gibt es unterschiedliche Meinungen zum Thema, die wir hier vorstellen, da wir Probleme und aktuelle Entwicklungen immer aus verschiedenen Perspektiven beleuchten wollen.
Braucht es die Girocard überhaupt noch?
Spricht dafür | Spricht dagegen |
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Aktuell ist das Leben in Deutschland ohne Girocard bzw. EC-Karte nicht überall einfach machbar. Nach wie vor gibt es (vor allem kleinere) Geschäfte, in denen nur mit EC-Karte oder Bargeld gezahlt werden kann. Das liegt daran, dass die Gebühren mit einer Zahlung mit Matercard und Visa für die Geschäfte höher sind und dass auch nicht immer die entsprechenden Zahlungsgeräte vorhanden sind. | Die Girocard war immer ein Deutsches Sonderprodukt und hat mit dafür gesorgt, dass Deutschland weit hinter anderen Ländern zurück ist, was kontaktloses Zahlen und das Zahlen mit Kreditkarten & Debitkarten angeht. Es ist höchste Zeit, dass man sich hier dem Rest der Welt anpasst und die Girocard verschwindet. |
Spricht dafür | Spricht dagegen |
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Grade die aktuelle Krise zeigt, wie gefährlich es sein kann, bezüglich wichtiger Infrastruktur in einer Abhängigkeit zu stehen. Die European Paymens Initiative könnte dies in Bezug auf Europäischen Zahlungsverkehr verhindern. | Besonders die alteingesessenen deutschen Banken, wie etwa die Sparkassen, sind nicht dafür bekannt, technisch immer auf der Höhe der Zeit zu sein. Es ist zu befürchten, dass EPI als Zahlungsmittel, selbst wenn es fertiggestellt wird, technisch hinter den Möglichkeiten von Visa und Mastercard zurückbleibt und sich damit als Alternative nicht durchsetzt. |
Unser Fazit
Nach langer Zeit gibt es endlich mehr Informationen zur Funktionalität der EPI und wie Sie im Artikel lesen können, sollen bald auch erste Funktionen für Verbraucher zur Verfügung stehen.
Alles in allem halten wir die Entwicklung einer europäischen Zahlungslösung für richtig und wichtig. Nicht nur, weil damit die Abhängigkeit vom US-Markt reduziert wird sondern auch, weil so das Zahlen, reisen und freizügige Leben in Europa vermutlich deutlich einfacher wird.
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